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Wirtschaft

Handel: Streiks ab Donnerstag

Auch die vierte KV-Verhandlungsrunde für die 430.000 Angestellten und Lehrlinge im Handel brachte kein Ergebnis.
Vanessa Kogler
Mittwoch, 29. November 2023
Verfasst am 29.11.2023 von Vanessa Kogler

In zumindest 300 Handelsbetrieben wird ab Donnerstag gestreikt. Der Schwerpunkt in Wien werde im Lebensmittelhandel liegen, heißt es von Seiten der Gewerkschaft gegenüber W24. Auch Modegeschäfte und der Buchhandel werden betroffen sein. Es werden Betriebsversammlungen einberufen, die dann in zwei- bis dreistündige Warnstreiks übergeben.

Hintergrund: Bei den Verhandlungen über einen neuen Kollektivvertrag im Handel kam es am Dienstag letztlich doch zu keiner Einigung.Die Gewerkschaft kündigte daraufhin Warnstreiks vom 30. November bis zum 3. Dezember an.

Boten die Arbeitgeber für die 430.000 Angestellten im Handel ursprünglich ein Gehaltsplus von 5 Prozent und eine Einmalzahlung von 800 Euro, so besserten sie mittlerweile auf 6 Prozent sowie eine einmalige Teuerungsprämie von 1.000 Euro nach. Dies entspreche bei niedrigeren Einkommen einer Bruttoerhöhung um 12,02 Prozent und bei höheren Einkommen einem Plus von 10,05 Prozent, so die Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) am Abend in einer Aussendung. Die Gewerkschaft GPA reduzierte ihre Ursprungsforderung auf zuletzt 9,4 Prozent und einen Fixbetrag von 15 Euro.

Katzian: Handelsangestellte werden wie ein "nasser Fetzen" behandelt

Nachdem es gestern auch in der vierten Verhandlungsrunde für den Kollektivvertrag 2024 der 430.000 Handelsangestellten keine Einigung gab, fand Mittwochfrüh ÖGB-Chef Wolfgang Katzian im Ö1-Morgenjournal deutlich Worte. In der Coronakrise seien die Beschäftigten noch als systemrelevant beklatscht worden. "Und jetzt behandelt man sie wie einen nassen Fetzen und gibt ihnen in Wirklichkeit nicht einmal ansatzweise die rollierende Inflation. Wie soll sich das denn ausgehen", so der Gewerkschaftspräsident.

Die durch die Bundesregierung mitverursachte hohe Inflation müsse nun durch entsprechende Lohnabschlüsse ausgeglichen werden, "sonst sinkt die Kaufkraft dramatisch", betonte Katzian. Er verwies auf die "sehr guten" Abschlüsse zuletzt in der Brauindustrie, bei den Bäckern und der Sozialwirtschaft, wo die zurückliegende Jahresinflation ausgeglichen wurde. Dass dies bei den Metallern und im Handel nicht gehen solle, sei unverständlich. "Dass die angefressen sind und in den Konflikt gehen ist vollkommen klar", erklärte Katzian.

Die Haltung der Arbeitgeber in Handel und Metallindustrie sei eine Belastung für die Sozialpartnerschaft. Betriebsräte und Gewerkschafter würden teilweise unter Druck gesetzt und bedroht. Hier habe er eine klare Botschaft: "Ein Betriebsrat ist keine Einzelperson, er ist Teil einer Bewegung. Wer sich mit Einzelnen anlegt, legt sich mit uns allen an", gab sich der oberste Gewerkschafter des Landes kämpferisch. "Unser Job ist es auf die Menschen zu schauen", meinte Katzian und stellte klar: "Wenn jetzt die Inflation zurück geht wird nichts billiger."

Die Gewerkschaft bekrittelt, dass die Arbeitgeber nicht bereit sind ein Angebot vorzulegen, das über der rollierenden Inflationsrate von 9,2 % liegt. In ganz Österreich finden nun in ausgewählten Standorten vom 30.11. bis 3.12. erste Warnstreiks statt - auch in Wien.

Handelsobmann: "Man will offenbar streiken"

„Die heutige KV-Runde hat gezeigt, dass die Streikbereitschaft der Gewerkschaft offenbar höher ist als ihre Verhandlungsbereitschaft. Das bedauern wir sehr, da wir einen großen Schritt auf die Arbeitnehmervertreter:innen zu gemacht haben“, meint Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) in einer Aussendung Dienstagabend nach der vierten Verhandlungsrunde. Die Arbeitgeber:innen hätten ihr Angebot deutlich nachgebessert und auf 6 Prozent KV-Erhöhung plus 1.000 Euro abgabenfreie Prämienzahlung angehoben. Und weiter: "Längerfristig würde eine Erhöhung in einer Größenordnung, wie sie die Gewerkschaft fordert, bedeuten, dass Unternehmen sich die Mitarbeiter:innen nicht mehr leisten können. Schon jetzt gibt es einen enormen Anstieg von Insolvenzen und Schließungen im heimischen Handel. Weitere Schließungen und Jobverluste wären die Folge“, so hefverhandler der Arbeitgeber:innen.

Warnstreiks angekündigt

Für den Handel haben die Gewerkschaften Warnstreiks angekündigt, in der Metallindustrie wurde bereits tageweise gestreikt. Der Fachverband der Metalltechnischen Industrie mit seinen rund 135.000 Beschäftigten verhandelt morgen in der achten Runde den Kollektivvertrag 2024 (gültig ab November 2023). In die KV-Verhandlungen starten heute die Fahrradbotinnen und Fahrradboten. Die Gewerkschaft vida fordert neben rahmenrechtlichen Verbesserungen im KV eine Erhöhung der Mindestlöhne auf 2.000 Euro brutto im Monat.

Zuletzt abgeschlossen haben die Brauer (plus 8,1 Prozent und eine Einmalzahlung von 36 Euro) und die Bäckereien (plus 9,7 Prozent) sowie die Sozialberufe (plus 9,2 Prozent). Über eine Lohnerhöhung haben sich auch die Molkereien und Käsereien (9,15 Prozent), die Textilreiniger, Wäscher, Färber (9 Prozent), die Orthopädieschuhmacher (9 Prozent), und die Forstarbeiter (8,8 Prozent) geeinigt.

Bei den Metallern liegt der Letztvorschlag der Arbeitgeber bei plus sechs Prozent und einer Einmalzahlung von 1.200 Euro. Die Gewerkschaften PRO-GE und GPA fordern ein Plus von 10,6 Prozent. Einmalzahlungen lehnen sie ab, weil diese bei der nächstjährigen Lohnerhöhung nicht berücksichtigt würden. Die Dienstag voriger Woche gestarteten Streiks in der Metallindustrie enden heute, unter anderem findet eine Kundgebung samt Demo beim Kranhersteller Palfinger in Lengau (Oberösterreich) statt.

Einen neuen Vorschlag für die Herbstlohnrunde hat die Grüne Wirtschaft vorgebracht: Eine temporäre Senkung der Dienstgeber-Beiträge für die Sozialversicherung, wobei der Ausfall durch öffentliche Mittel bedeckt werden müsste. Zuständig dafür sei das Wirtschaftsministerium. "Eine grobe Überschlagsrechnung ergibt ca. drei Mrd. Euro für das ganze Jahr", so die Grüne Wirtschaft zur APA. (apa/vk)