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Naschmarkt-Parkplatz: Wie bekühlen und begrünen? Naschmarkt-Parkplatz: Wie bekühlen und begrünen?
Meinung

Naschmarkt-Parkplatz: Wie bekühlen und begrünen?

Eine offene Markthalle soll auf den Naschmarkt-Parkplatz kommen. Bürger*innen sind jetzt zur Beteiligung aufgerufen.
Vanessa Kogler
Montag, 19. April 2021
Verfasst am 19.04.2021 von Vanessa Kogler

Wer stadtauswärts über den Wiener Naschmarkt bummelt, soll künftig bei der U4-Station Kettenbrückengasse nicht mehr auf eine Parkplatz stoßen - sondern auf eine Markthalle mit Verkaufsständen und Gastronomie. Das Areal soll zudem begrünt werden. Die Details sind noch offen, ein erster Schritt wird aber nun gesetzt: Planungsstadträtin Ulli Sima und der Mariahilfer Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (beide SPÖ) haben am Montag ein Bürgerbeteiligungsverfahren angekündigt.
Parkplatz: Zu 40 Prozent ausgelastet
Die gegenständliche Fläche gehör t zu den größten Asphaltwüsten im inneren Stadtbereich. Dort, wo bis Anfang der 1970er-Jahre noch Marktgebiet war, parken nun Autos. Deren Zahl ist allerdings überschaubar. Im Durchschnitt ist die Abstellfläche laut Stadt lediglich zu 40 Prozent ausgelastet. Lebendig wird es dort nur an Samstagen, wenn der Parkplatz zum Flohmarkt wird. Der soll auch nach dem Umbau dort stattfinden, wird versprochen.
12.000 Quadratmeter Asphaltwüste
Der Naschmarktparkplatz zwischen Kettenbrückengasse und Rüdigerhof ist nicht nur eine wenig attraktive Gegend, sondern im Sommer mit rund 12.000 Quadratmetern eine der größten Hitzeinseln der Stadt, wie Sima berichtete. Der Hotspot soll nun entschärft und begrünt werden. "Das Ziel ist ein kühler Ort mit ausreichend Schatten, möglichst viel Grün und hoher Aufenthaltsqualität."
Herzstück: Offene Markthalle
Herzstück des Projekts soll eine offene Markthalle werden. Vorgesehen ist ein überdachter Bereich, in dem vor allem regionale Produkte angeboten werden. Bis Juni können die Wienerinnen und Wiener ihre Ideen und Vorschläge einbringen. Danach folgt ein europaweiter Gestaltungswettbewerb, der voraussichtlich im Herbst startet.
Begrünung und Cooling-Elemente
Wenn es technisch umsetzbar ist, soll das Dach der Markthalle begrünt und mit Photovoltaikelementen ausgestattet werden. Versprochen werden auch Cooling-Elemente rund um das Gebäude - wobei Sima klarstellte: Mit richtigen Bäumen ist eher nicht zu rechnen. Denn bei der Fläche handelt es sich laut Stadträtin um die Wienfluss-Überbauung, also um eine Brückenkonstruktion, auf der keine großen Schattenspender gepflanzt werden können.
Angedacht sind darum andere Elemente, die den nötigen Schatten bieten könnten, aber auch die Begrünung mit flachwurzelnden Pflanzenarten oder die Kühlung durch verschiedene Wasserelemente. Auch eine Nutzung der Windströmung wird geprüft. Rumelhart: „Die kühle Brise soll auch durch die Markthalle in die Stadt hineinwehen“. Änderungen des Oberflächenbelags und Teilentsiegelungen sind laut Sima ebenfalls vorstellbar.
Grüne kritisieren Bebauung
Wenig erfreut über das Projekt sind die Wiener Grünen, die bis vor kurzem noch das Verkehrs- und Planungsressort innehatten. Es werde an diesem im Sommer sehr heißen Platz nun noch mehr Beton und Stahl geben, beklagte der nicht amtsführende Stadtrat Peter Kraus in einer Aussendung am Montag. Außerdem wird damit das Jugendstilensemble entlang der Wienzeile verschandelt - das zerstört nicht nur das Stadtbild, sondern verschlechtert auch die Lebensqualität der Bevölkerung."
Sima: „Keine Verschandelung“
Einer „Verschandelung“ kontert Sima im W24-Interview. Die zuständige MA 19 für Architektur und Stadtgestaltung sei involviert. Der Bereich gehöre nicht zur Schutzzone, ein Blick in die Innenstadt sei durch die Krümmung des Wienflusses nicht gegeben. Und: „Die Jugendstilfassaden in der Umgebung werden beim internationale Wettbewerb Thema sein.“
Wie offen ist die Bürger*innenbeteiligung?
Der Stvt. Bezirksvorsteher von Mariahilf, Michael Reichelt, kritisiert, dass die offene Markthalle schon fix ist. Und er hinterfragt, warum bei der Bürger*innenbeteiligung alle Wiener*innen befragt werden. Eine vor kurzem durchgeführte Befragung der Grünen im Bezirk unter 600 Anrainer*innen hätte ergeben, dass 80 Prozent gegen die Markthalle wären. Im Sommer hatten die Grünen ja ihre Version für den Naschmarktparkplatz Neu präsentiert.
FPÖ skeptisch
Skeptisch äußerten sich auch die Freiheitlichen. Eine Bürgerbeteiligung, so befand der Mariahilfer FPÖ-Bezirksparteiobmann Leo Kohlbauer, könne nur ergebnisoffen stattfinden. Sima hingegen habe bereits fix fertige Pläne. Ein Erhalt des Status quo werde von der Stadtregierung offensichtlich nicht in Erwägung gezogen: "Mit vollen Händen will Frau Sima hier das Geld der Steuerzahler für ein Projekt, für welches es bestimmt keine Mehrheit in der Bevölkerung gibt, hinauswerfen." Jede Veränderung, so hielt Kohlbauer fest, zerstöre etwa die Größe und den Charakter des Flohmarktes.
Im Juli sollen jedenfalls die Ergebnisse aus dem Beteiligungsprozess präsentiert werden. Danach startet der internationale Gestaltungswettwerb. (apa/vk)