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Sissysound Record Store: Einzeln eintreten, bitte! Sissysound Record Store: Einzeln eintreten, bitte!
Wirtschaft

Sissysound Record Store: Einzeln eintreten, bitte!

Einen Plattenladen ganz für sich allein – den gibt’s für Musikbegeisterte derzeit Corona-bedingt auf der Wieden.
Vanessa Kogler
Donnerstag, 16. April 2020
Verfasst am 16.04.2020 von Vanessa Kogler

Geringere Kundenfrequenz ist nur eine der Tücken, mit denen kleinere Geschäfte nach dem Wiederaufsperren kämpfen müssen. In den Sissysound Record Store in der Margaretenstraße 47 (4.) dürfen Interessierte derzeit nur einzeln rein. Der Laden von Inhaber Holger van Dordrecht ist rund 20 Quadratmeter klein. Am Eingang hängt ein Schild, dass auf den „einzelnen Eintritt“ hinweist.

„Seltsam, wenn jemand herein will“

„Es ist eine seltsame Situation, wenn jemand vor der Türe steht und herein will“, erzählt der 42-Jährige. Terminvergaben hat der Plattenladen-Chef zwar überlegt. Prinzipiell wolle er seinen Kundinnen und Kunden aber nicht vorschreiben, wie lange sie in seinen Schätzen stöbern dürfen. An die 5.000 Platten sind im Sissysound Record Store fein säuberlich geordnet, dazwischen gibt es (Musik)Bücher, gebrauchte Plattenspieler, Sissy-Gin oder einfach nur die Gelegenheit auf einen netten Plausch bei Kaffee und guter Musik.

Idee: Fahrradbotendienst für Platten


Erst im vergangenen Herbst hat Van Dordrecht den Laden im 4. Bezirk eröffnet. Die fünf Wochen verordnete Corona-Zwangspause waren auch für ihn existenzbedrohend. Die bisher erhaltenen 500 Euro aus dem Härtefallfonds nur eine kleine Entschädigung für den entgangenen Umsatz. Van Dordrecht setzt in dieser Zeit verstärkt auf Werbung via Social Media, gibt per Mail Auskünfte und sattelt quasi um – zumindest seine Platten. „Platten ohne Platten“ nennt er seinen Fahrradbotendienst für LPs und liefert prompt selbst aus. „Der Kunde hat oben ein Geldkuvert in den Lift gegeben und hab ihm die Platten dann nach oben geschickt. Man hat sich zugewunken, das war schön, weil es zumindest eine Art von Kontakt war – halt aus der Distanz“.

Solidarität: Gutschein-Kauf

Viele Stammkunden hätten ihm die Treue gehalten, an die 100 haben vorsorglich Gutscheine bestellt. Auch einige Neukunden seien dabeigewesen. Wie es mit seinem Laden weitergeht? Wie so viele hängt Van Dordrecht derzeit in der Luft und hofft das Beste. „Es ist eine komische Zeit“, sagt der Sissysound-Chef und, dass „Musik in schlechten Zeiten oft hilft“.

Musik: Balsam für die Seele

Ist Musik also der Balsam für die coronageplagte Wiener Seele? „Viele haben mir berichtet, dass sie gerade in dieser Zeit wieder mehr Musik hören und entdecken“, ergänzt Van Dordrecht. Ein kleiner Rettungsanker in Zeiten abgesagter Gigs? Kollektive Live-Konzerterlebnisse sind ja auf unbestimmte Zeit verschoben, der eigene Plattenteller dreht sich aber fix noch weiter. Corona hin oder her. (vk)