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"Ohne uns wären mehr Frauen zu betrauern“ "Ohne uns wären mehr Frauen zu betrauern“

"Ohne uns wären mehr Frauen zu betrauern“

Schnelle, unkomplizierte und anonyme Hilfe – dafür stehen die vier Wiener Frauenhäuser.
Vanessa Kogler
Montag, 25. Februar 2019
Verfasst am 25.02.2019 von Vanessa Kogler

647 Frauen und 609 Kinder haben im vergangenen Jahr in den vier Wiener Frauenhäusern Zuflucht gefunden. In den geheimen Schutzeinrichtungen samt Überwachungskameras und Zwischenschleusen sollen sie sich sicher fühlen, sagt die Geschäftsführerin des Vereins Wiener Frauenhäuser, Andrea Brem, im W24-Gespräch.

Neues Frauenhaus ab 2022

Derzeit gibt es 175 Plätze. 2022 sollen weitere 50 Plätze in einem neuen Frauenhaus hinzukommen. Damit werde man die nächsten 10 bis 15 Jahre gut durchkommen, meint Brem. „Im Moment haben wir nur einen freien Platz, aber auch wenn wir keinen haben, dann nehmen wir trotzdem auf und rücken eben zusammen. Oft wird bald wieder ein Platz frei.“

Frauenhaus als Übergangslösung

Im Großteil der Fälle (2018: 38 Prozent) bleiben die Frauen bis zu 14 Tage im Frauenhaus. Gut jede dritte (34 Prozent) rund drei Monate lang, bevor etwa eine Übergangswohnung gefunden wird. 19 Prozent wohnen bis zu einem halben Jahr im Frauenhaus, 8 Prozent länger als ein halbes Jahr, so die aktuellen Zahlen von 2018.

Psychoterror, sexuelle oder soziale Gewalt

Meistens geht es um körperliche oder sexuelle Gewalt, oft auch um Psychoterror oder soziale Gewalt. Im Frauenhaus sollen sie wieder aufatmen können. Die vier Wiener Frauenhäuser, deren Finanzierung im Wesentlichen durch die Stadt Wien gesichert ist, könne man siche wie eine Art „Studentenheim“ vorstellen. „Es gibt eigene Zimmer und viele Gemeinschaftsräume, wo sich die Frauen austauschen können.“

„Professionelle Hilfe ist wichtig“

„Ohne uns wären mehr Frauen zu betrauern“, vermutet Brem. Der Schritt, sich professionelle Hilfe zu holen, sei für die Frauen nicht leicht. Oft sei gerade diese Sicht von außen aber wichtig, um seine eigene Situation richtig einschätzen zu können. Neben der Notrufnummer gibt es auch die Möglichkeit anonymer Beratungen (alle Infos weiter unten).

Wie sinnvoll ist das Gewaltschutzpaket?

Angesprochen auf das aktuelle Gewaltschutzpaket der Bundesregierung meint Brem, dass die Vorstöße in Sachen Datenschutz begrüßenswert wären. Auch Präventionsarbeit an Schulen sei enorm wichtig, allerdings für alle, und nicht nur für jene, die den Ethikunterricht besuchen. Sehr enttäuscht zeigt sich die Geschäftsführerin des Vereins Wiener Frauenhäuser über die möglicherweise zu wenig beachtete „Täterarbeit“. Drei Stunden im Akutfall nach einer Wegweisung wären zu wenig. Brem wünscht sich „langfristige Tätertrainings.“

Auflagen für Anti-Gewalttrainings

Wenn Männer strafrechtlich verurteilt werden, müsse es „zwangsweise Auflagen für Anti-Gewalttrainings“ geben. Wichtig wäre auch, dass die bürokratischen Hürden für die Frauenhäuser fallen. Brem: „Wir nehmen in Krisensituationen auch Frauen aus anderen Bundesländern auf. Umgekehrt ist das aber derzeit nicht möglich.“ Angesprochen auf die Diskussion über eine mögliche Bannmeile meint sie, diese wäre eine gute Idee, das eigene Zuhause, die Schule, der Kindergarten sowie die Arbeitsplätze, müssten aber in die Bannmeile miteinbezogen werden“. (vk)

Hintergrund:

Mit Stand Februar 2019 gibt es in Österreich 30 Frauenhäuser mit 750 Plätzen. In Wien soll ab 2020 ein fünftes Frauenhaus gebaut werden, damit stehen ab 2022 insgesamt 225 Plätze in fünf Frauenhäusern zur Verfügung .

Notrufnummer Wiener Frauenhäuser: 05 77 22
24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719

www.frauenhaeuser-wien.at