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Kreislaufpizza: Vom Altbrot zur "veganen Wienerin" Kreislaufpizza: Vom Altbrot zur "veganen Wienerin"
Gesellschaft

Kreislaufpizza: Vom Altbrot zur "veganen Wienerin"

Zu gut für die Tonne: Die Wiener Forscherin Christine Bertl macht aus Altbrot und und Resten vegane Pizza und zeigt, wie genussvoll Klimaschutz sein kann.
Alessa Däger
Dienstag, 09. Dezember 2025
Verfasst vor 13 Stunden von Alessa Däger

In Wien wird täglich so viel Brot weggeworfen, wie in Graz gegessen wird. Dass es auch anders geht, zeigt die „Kreislaufpizza“ der Wiener Forscherin Christine Bertl: eine Pizza, die Klimaschutz, Genuss und Gemeinschaft verbindet. Statt nur den Belag zu verändern, denkt sie die gesamte Wertschöpfungskette neu - vom Feld bis zum Teller.

Herzstück des Teigs ist Altbrot: unverkaufte Laibe aus Wiener Bäckereien, die nie den Tresen verlassen haben, werden zu Mehl vermahlen und ersetzen das klassische Mehl im Teig. Aus Ware, die sonst im Müll landen würde, entstehen so neue Pizzateige und ein neues Bewusstsein dafür, wie wertvoll Lebensmittel sind.

Beim Teig endet der Kreislauf nicht. Aus Weizen wird Brot. Beim Anbau fällt Weizenstroh an, auf dem Speisepilze wachsen. Mit dem Wiener Betrieb „Hut & Stiel“ nutzt Christine auch hier Überschüsse: nicht verkaufte Pilze werden zu Sugo und Pesto verarbeitet und landen als Topping auf der Kreislaufpizza. Dazu kommen Chutneys und Aufstriche von „Unverschwendet“ aus überschüssigem Obst und Gemüse. So entsteht eine vegane, regionale Pizza, bei der jede Zutat eine kleine Kreislaufgeschichte erzählt.

Ein weiterer Baustein ist Fermentation: Hygienisch einwandfreies, hartes Altbrot wird zu Miso-Paste verarbeitet. Gemeinsam mit dem Restaurantkollektiv „Cucina Alchimia“ entstehen aus Brotüberschüssen vegane Misos. Für Christine ist Fermentation eine Schlüsseltechnologie. Sie macht Lebensmittel haltbar, ist weltweit in Esskulturen verankert und verwandelt vermeintliche Abfälle in hochwertige Produkte. „Statt die Mülltonne als Standardlösung zu sehen, sollten wir uns fragen: Was geht noch?“

Die Kreislaufpizza basiert auf Christines Forschung dazu, wie man Menschen für Kreislaufwirtschaft sensibilisieren kann. Beim „Circular Open Table for Female Innovators“ lädt sie FLINTA-Personen zum gemeinsamen Essen und Austausch über nachhaltige Ideen ein. Ziel ist es, Frauen zu vernetzen, zu ermutigen und neue berufliche Perspektiven sichtbar zu machen. Die Workshops sind Bildungsformat, Netzwerktreffen und Safe Space in einem.

Am Ende fasst Christine ihr Projekt so zusammen: Die fertige Pizza sei eine „vegane Wienerinnen-Pizza, die dazu anspornen soll, umzudenken und mehr Sensibilisierung für Reststoffe als Wertstoffe zu schaffen“. Aus Altbrot, Pilzen und anderen Überschüssen wird so mehr als nur ein Gericht. Es ist ein Statement gegen Verschwendung und für eine Kultur des Weiterdenkens.