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Mindestsicherung: Wien und Bund streiten weiter Mindestsicherung: Wien und Bund streiten weiter
Soziales

Mindestsicherung: Wien und Bund streiten weiter

Der Bund droht der Stadt mit einer Kürzung von Mitteln aus dem Finanzausgleich.
Hannes Huss
Mittwoch, 27. März 2019
Verfasst am 27.03.2019 von Hannes Huss

Die geplante Mindestsicherung-Neu der Bundesregierung sorgt schon wieder für einen massiven Streit zwischen der türkis-blauen Koalition und der Stadt Wien. Eine Aussage von ÖVP-Parlaments-Klubobmann August Wöginger stößt der Wiener SPÖ besonders auf. So hatte Wöginger der Bundeshauptstadt gedroht, Mittel aus dem Finanzausgleich zu kürzen, falls die neue Mindestsicherung bzw. Sozialhilfe in der Stadt nicht umgesetzt wird. Das sorgt im Rathaus für extreme Empörung. Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) warnte gar vor einem Gesetzesbruch.

Wöginger hatte in der Nationalrats-Debatte "Sanktionen beim Finanzausgleich" in Aussicht gestellt und darauf verwiesen, dass man Wien helfe, Geld einzusparen. Hacker zeigte sich im APA-Gespräch "sprachlos": "Das ist faktisch einmalig, dass allen Ernstes ein Politiker sich hinsetzt und sagt, der Sozialstadtrat soll dankbar sein, dass man den Armen weniger Geld gibt. Das ist ungeheuerlich."

Wöginger habe zudem vor, mit einem Gesetzesbruch zu drohen: "Das ist ein Gesetz, das gilt bis 31. Dezember 2021. Weder Bund oder Länder haben das Recht, sich nicht an den Finanzausgleich zu halten." Wöginger nehme offenbar an, "er ist der Oberbefehlshaber von österreichischen Bundesländern". "Das ist eine völlige Fehleinschätzung", konstatierte Hacker.

"Ich habe seinerzeit ganz klar gesagt, dass ich diesen Entwurf nicht umsetzen werde", erinnerte der Stadtpolitiker an seine Ablehnung des ersten Konzepts - und er ließ mit der Mitteilung aufhorchen, dass er mit der Reaktion nicht gänzlich unzufrieden ist: "Meine klaren Kritikpunkte haben auch sehr viel Wirkung erzielt. Die Frau Ministerin (Sozialministerin Beate Hartinger-Klein, FPÖ, Anm.) hat ja verstanden, und viele Kritikpunkte in den vorliegenden Entwurf eingearbeitet."

Tatsächlich hatte Wien vor allem rechtliche Bedenken, befürchtete etwa massive Mehrkosten und eklatante Belastungen für die Verwaltung - zum Beispiel durch sich widersprechende Bestimmungen. Mit welcher Kritik man Gehör gefunden hat und welche Bestimmungen weiter abgelehnt werden, will Hacker demnächst im Detail erläutern. Fix ist aber: Der "politisch wichtigste Punkt", nämlich die Kürzungen bei den Kindern, würde von ihm weiter nicht akzeptiert.

40.000 Kinder würden in Wien damit in die Armut geschickt, warnt er: "Die Aussagen des Herrn Wöginger zeigen nur, wie nervös er schon ist." Er habe offenbar bemerkt, dass die Bevölkerung, nämlich parteipolitisch völlig unabhängig davon, mit diesem sozialpolitischen Weg nicht mitgehe.

"Niemand kann ein Interesse daran haben, dass jene Kinder, die nicht der Gnade der Geburt unterliegen, dass die dann kein Frühstück mehr haben und hungrig in die Schule gehen", zeigte sich der Sozialstadtrat überzeugt: "Alle Österreicherinnen und Österreicher werden es bemerken. Weil ihre Kinder in den Schulen werden Schulfreunde haben, die plötzlich ein echtes Problem haben, sich eine Schokolade zu kaufen, sich Unterrichtsmaterialien zu kaufen oder am Skikurs mitzufahren."

"Sicher ist, dieses Gesetz wird vor dem Verfassungsgerichtshof landen", stellte er entsprechende Aktivitäten in Aussicht. Zusatz: "Außer die Frau Sozialministerin macht noch gravierende Änderungen." (APA/hh/Red)

Bild: Christian Jobst/PID