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Alexander Schallenberg wird wieder Interimskanzler Alexander Schallenberg wird wieder Interimskanzler
Politik

Alexander Schallenberg wird wieder Interimskanzler

Bundeskanzler Karl Nehammer räumt am Freitag seinen Posten. Bis zur neuen Bundesregierung übernimmt Außenminister Schallenberg.
W24 Redaktion
Mittwoch, 08. Jänner 2025
Verfasst am 08.01.2025 von W24 Redaktion

Das Kanzleramt wird schon einmal blau - freilich fürs erste blaublütig und noch nicht freiheitlich. Alexander Schallenberg übernimmt ein zweites Mal das Amt des Regierungschefs, wieder aus der Not geboren und wohl noch kürzer als beim ersten Versuch im Herbst 2021. Der Außenminister war eingesprungen, als Sebastian Kurz (ÖVP) weichen musste, hatte in der neuen ungewollten Rolle aber nicht brilliert und alsbald an Karl Nehammer (ÖVP) übergeben.

Einen Rekord hat Schallenberg schon, jenen als kürzest dienender Bundeskanzler Österreichs. 2,5 Monate dauerte die eher unglücklich verlaufene Amtsperiode mitten in einer Hochphase der Corona-Pandemie. Nicht immer wirkte er auf dem fremden Terrain sicher. In seine kurze Regierungsphase fiel auch der Beschluss der bis heute umstrittenen Impfpflicht, die letztlich nie umgesetzt wurde. Als sich die ÖVP entschloss, Obmannschaft und Kanzlerschaft wieder zusammenzuführen, war Schallenberg sichtlich nicht unglücklich, wieder ins Außenamt zurückkehren zu dürfen, das er wie davor solide leitete.

Vorgänger und Nachfolger Nehammers

Nunmehr ist Schallenberg nicht nur Vorgänger Nehammers, sondern auch dessen Nachfolger, räumt der Kanzler doch seinen Posten, nachdem die Verhandlungen der ÖVP mit SPÖ und NEOS über eine Koalition gescheitert sind. Schallenberg ist dabei ÖVP-intern gesehen ein gewisser Neutralitätsfaktor, will er doch keiner Regierung Kickl angehören und verbindet somit mit der Aufgabe keine eigenen Ambitionen.

Anzunehmen ist, dass sich der geschiedene Vater von vier Kindern mit Hang zu Nasalem und Bildungsbürgertum in Zukunft abseits der Regierung im weiten Feld der Außenpolitik bewegen wird. In die Sphäre wurde Schallenberg auch quasi hineingeboren. Sein Vater Wolfgang war ein legendärer Diplomat. Alexander Schallenberg, geboren in Bern, wuchs in Indien, Spanien und Frankreich auf. Von 1989 bis 1994 studierte der aus altem oberösterreichischen Adelsgeschlecht Stammende Rechtswissenschaften in Wien und Paris, danach Europäisches Recht am Europacollege in der belgischen Stadt Brügge.

Große Internationale Erfahrung

Schallenbergs erste Auslandsstation war Brüssel, genauer die österreichische EU-Vertretung dort, wo er fünf Jahre lang die Rechtsabteilung leitete. Zurück in Österreich machte sich Schallenberg als Pressesprecher der früheren Außenministerin Ursula Plassnik sowie später von deren Nachfolger Michael Spindelegger (beide ÖVP) einen guten Namen. Als Kurz die Agenden des Außenministers übernahm, beförderte er den Kommunikationsprofi zum Leiter für "strategische außenpolitische Planung". Auch in den Regierungsverhandlungen nach der Nationalratswahl 2017 zählte Kurz auf ihn. So folgte ihm der Europaexperte ins Bundeskanzleramt, wo er während der türkis-blauen Regierungszeit die Stabsstelle Strategie und Planung leitete.

Zu Ministerehren kam Schallenberg in der Experten-Regierung nach den Ibiza-Turbulenzen, als er das Außenamt für den Übergang leitete. Allerdings galt er damals schon als heimlicher Kanzler, der die in Regierungsgeschäften unerfahrene Brigitte Bierlein tatkräftig unterstützte, wohl auch mit einem Seitenblick auf Nutzen für die Volkspartei. Als Schwarz-Grün entstand, blieb er gleich im Außenministerium sitzen. Dort weiter an den Schalthebeln zu bleiben, ist für den 55-Jährigen unter dem ausnehmend EU-kritischen Herbert Kickl offenkundig keine Option.

Zur Person: Alexander Schallenberg, geboren am 20. Juni 1969 in Bern (Schweiz), geschieden, Vater von vier Kindern. Jurist. Seit 1997 im Außenministerium, u.a. an Österreichs Vertretung bei der EU in Brüssel, weist er eine lange Karriere in ÖVP-Kabinetten auf. Ab 2006 Pressesprecher von Außenministerin Ursula Plassnik und ab 2008 von ihrem Nachfolger Michael Spindelegger. Ab 2013 unter Außenminister Sebastian Kurz für "strategische außenpolitische Planung" zuständig. Ab 1. März 2018 Leiter der EU-Koordinationssektion des Bundeskanzleramts, ab 3. Juni 2019 Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres im Übergangskabinett von Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein, ab Jänner 2020 Außenminister im Kabinett Kurz II, von Oktober bis Dezember 2021 Bundeskanzler, danach wieder Außenminister. (APA/Red)

Bild: Dragan Tatic