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AK-Wahl: "Denkanstoß für die Regierung" AK-Wahl: "Denkanstoß für die Regierung"
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AK-Wahl: "Denkanstoß für die Regierung"

SORA: Eine Negativ-Botschaft an Schwarz-Blau. Anderl: Nicht über ArbeitnehmerInnen drüberfahren.
Vanessa Kogler
Mittwoch, 03. April 2019
Verfasst am 03.04.2019 von Vanessa Kogler

Die Arbeiterkammer hat bei Wahlen tendenziell mit einer niedrigen bzw. sinkenden Teilnahme zu kämpfen. Beim Wiener Urnengang, dessen vorläufiges Ergebnis in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch veröffentlicht wurde, gab es diesmal aber ein Plus bei der Wahlbeteiligung. "Das ist Ausdruck eines sinkenden Vertrauens in die Bundesregierung", analysierte SORA-Geschäftsführer Günter Ogris am Mittwoch.

Konkret gaben heuer 42,5 Prozent der rund 730.000 wahlberechtigten Kammermitglieder ihre Stimme ab. In diesem Wert sind auch schon jene prognostizierten Briefwahlkarten miteinberechnet, die bis zur Bekanntgabe des endgültigen Endresultats am Samstag noch eintrudeln und ausgezählt werden. Damit konnte man die Wahlbeteiligung um 3,9 Prozentpunkte gegen 2014 (38,6) steigern.

"Das hat uns besonders überrascht", sagte Ogris. Denn eine Reihe von "soziologischen Trends" wie die gestiegene Anzahl an Erstwählern, Pendlern oder Arbeitgeberwechseln "sollten eigentlich zu einer niedrigeren Wahlbeteiligung führen". Das Meinungsforschungsinstitut SORA hat sich auf Basis von 1.002 Befragungen während des Wahlzeitraums nun die Gründe für die ungewöhnliche Entwicklung angesehen. Dabei zeigt sich, dass die Wahlbeteiligung unter jenem Personenkreis, die laut eigenen Angaben kein Vertrauen in die Bundesregierung haben, mit 52 Prozent besonders hoch war.

Ein Indiz für eine Art negative Botschaft an Türkis-Blau sieht SORA auch in den wichtigsten Wahlkampfthemen für die Befragten: Für 91 Prozent war das Leistbares Wohnen, für 94 Prozent "Soziale Gerechtigkeit bei den Steuern" und für 70 Prozent "Gegen die 60-Stunden-Woche". "Der Protest richtet sich gegen die Arbeitszeitpolitik der Bundesregierung. Und es gibt eine Enttäuschung, weil die Bundesregierung nichts gegen steigende Mieten unternimmt", fasste Ogris zusammen.

AK-Präsidentin Renate Anderl, die erstmals als Spitzenkandidatin in Wien für die FSG angetreten war, schaffte für ihre Fraktion einen Zugewinn um 2,1 Prozentpunkte auf 60,8 Prozent. "Jetzt, wo die Bundesregierung einseitig Wünsche der Industrie und Wirtschaft erfüllt, haben die Arbeitnehmer gezeigt, wie wichtig es ist, eine starke Stimme zu haben - und das sind wir, die FSG", interpretierte sie ihren Erfolg. Anderl möchte das Resultat zwar nicht als "Denkzettel", aber als "Denkanstoß" für Türkis-Blau verstanden wissen, dass es nicht der richtige Weg sei, über die Beschäftigten und ihre Interessensvertretung einfach "drüberzufahren".

Die Wiener AK-Wahl brachte neben Zugewinnen für die Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen (FSG) ein Minus für die ÖVP-nahe Fraktion Christlicher Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter und Österreichischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Bund (FCG-ÖAAB), die 0,5 Prozentpunkte verlor und 9,8 Prozent einfuhr. Auf Platz drei landeten erneut die Freiheitlichen Arbeitnehmer (FA-FPÖ), die 9 Prozent der Stimmen und damit gleich viel wie 2014 erreichten. Die von den Grünen unterstützten Alternativen, Grünen und Unabhängigen GewerkschafterInnen (AUGE/UG) blieben an vierter Stelle und gewannen von 7,9 auf 8,0 Prozent leicht dazu.

Damit verteilen sich die Sitze im künftigen Wiener Arbeitnehmerparlament nach jetzigem Stand wie folgt: Die FSG kommt auf 114 Mandate (2014: 110), die FCG-ÖAAB auf 18 (19), die FA-FPÖ auf 16 (17) und AUGE/UG auf 14 (14). Die restlichen Mandate verteilen sich auf die Fraktionen Grüne Arbeitnehmer (5), Liste Perspektive (3), Arbeitsgemeinschaft Unabhängiger Arbeiternehmer (2), Gewerkschaftlicher Linksblock (2), Liste TÜRK-IS (2), Fair und Transparent (2), KOMintern (1) und Bunte Demokratie für Alle (1). Das Team Brandl, das heuer neben Fair und Transparent das erste Mal aufstellen ließ, schaffte als einzige der 13 angetreten Listen kein Mandat.

Das endgültige Endergebnis wird am Samstagvormittag vorliegen. Maßgebliche Änderungen gegenüber dem vorläufigen Resultat werden nicht erwartet. (apa)