Schließen
Deutschklassen: Gesetz für Stadt "sinnlos" Deutschklassen: Gesetz für Stadt "sinnlos"
Politik

Deutschklassen: Gesetz für Stadt "sinnlos"

Bürgermeister Häupl und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky halten die vom Bund vorgesehen Klassen für "sinnlos".
Hannes Huss
Mittwoch, 11. April 2018
Verfasst am 11.04.2018 von Hannes Huss

Die Wiener SPÖ zeigt sich am Dienstag "not amused": Die vom Bund vorgesehen Deutschklassen seien pädagogisch widersinnig, stellen die Schulerhalter vor unlösbare Aufgaben und sorgen dafür, dass bestehende Klassen zerrissen werden - davon ist jedenfalls die Stadt Wien überzeugt. Bürgermeister Michael Häupl und Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky haben am Dienstag in die geplante Regelung regelrecht zerpflückt.

"Dieser Entwurf ist undurchführbar", stellte Czernohorszky unmissverständlich klar. Er bereite allen - sowohl der Verwaltung als auch Lehrern und Schülern - große Schwierigkeiten. Fast alle Wiener Volksschulkinder seien von der für Herbst geplanten Regelung in irgendeiner Form betroffen, warnte er. Aufgrund der "überstürzten" Einführung müssten rund 15.000 Kinder aller Altersstufen, die bisher eine Deutschförderung erhalten hätten, in eigene Klassen gehen. Damit würden bestehende Klassengemeinschaften zerrissen - und das immer wieder.

Tatsächlich würden die Kids aber für den Lernerfolg stabile Beziehungen brauchen, gab der Ressortchef zu bedenken. Außerdem stelle das Gesetz eine "riesengroße, unlösbare Herausforderung" für die Direktoren dar. Rund 500 Extra-Räume wären in den Pflichtschulen dafür nötig: "Woher man die Klassen nehmen soll, darüber schweigt sich die Bundesregierung aus." Es sei abzusehen, dass Bibliotheks- oder Werkräume dafür herangezogen würden, die dann nicht mehr benutzbar seien. Denn: "Zaubern kann niemand."

Auch die zu erwartenden Kosten sind laut Stadt beträchtlich. Darum werde der im Finanzausgleich vorgesehene Konsultationsmechanismus ausgelöst. Sprich: Die Mehrkosten sollen dem Bund abverlangt werden. Wobei Wien auch mit Protest anderer Länder bzw. Gemeinden rechnet. Allerdings, so wurde betont, sei das Gesetz auch bei Kostenübernahme durch den Bund nicht umsetzbar.

Massive Kritik gab es auch an der Kürzung der Integrationsmittel für die Schulen. Dies bedeute, dass rund 350 Unterstützungspersonen ab 2019 nicht mehr im Einsatz sein würden. Das Konzept der Entlastung für Lehrer werde zunichtegemacht für ein von "allen Experten abgelehntes" Projekt der separaten Deutschklassen. Czernohorszky plädierte für die Evaluierung der bestehenden Förderung. Derzeit wird bei Bedarf in kleinen Gruppen Unterricht erteilt. Wobei der Stadtrat nicht völlig ausschloss, dass Deutschklassen an manchen Standorten sinnvoll sein können. Hier zu unterschiedlichen Lösungen je nach Schule zu kommen, müsse aber möglich sein.

Der Wiener FPÖ-Vizebürgermeister Dominik Nepp kritisiert die "Blockadepolitik" Wiens in Sachen Deutschklassen. Die Warnungen des Rathauses, wonach die Regelung nicht umzusetzen sei, zeuge von "Sturheit", befand er. Nepp zeigte sich zudem überzeugt, dass die "sinnvolle Integrationsmaßnahme" auch finanzierbar sei. (hh/APA/lp)